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Raum und Licht (Claudia Peter: Katalog 8. März 2002)

Hans-Dieter Zingraff ist konsequent. Das zeigt sein künstlerisches Schaffen. Durch Beschränkung auf Motivbereiche ohne Handlung, ohne Symbolik, ohne Allegorie beschäftigt er sich in seinen Arbeiten , besonders ab etwa Mitte der 80er Jahre, ganz gezielt mit Möglichkeiten, körperliche Erscheinungen darzustellen. Dabei konzentriert er sich auf formale und farbige Ordnung, Raumverschränkung, Gesamtkomposition. Formen sind elementar zusammengefasst, drastisch zu geometrischen Gebilden abstrahiert. Details, die das Körperhafte stören könnten, werden weggelassen. Ohne Fenster und Türen entziehen sich Zingraffs "Gebäude" dem Funktionalen, betonen stattdessen reine Formen, ästhetische Neukombinationen von Fläche, Raum und Licht. Die Gesamtkompositionen unterwerfen sich keinerlei perspektivischen Gesetzen, stellen vielmehr konventionelle Darstellung in Frage, da Volumen als perfekte Illusion gemalt, gleichzeitig jedoch wieder aufgehoben werden. Der Grund ist uneinheitlicher Bildraum: Beleuchtete Flächen und Volumen entsprechen immer nur partiell unseren herkömmlichen Sehgewohnheiten - nicht aber als Gesamtes, weil der gemalten Beleuchtung eine einzige, eindeutig lokalisierbare Lichtquelle fehlt. Die als in den Bildraum einfallendes Licht gemalte Helligkeit wechselt die Richtung, selbst von Seite zu Seite an einem einzigen Objekt.

Komplexe Beziehungen von Fläche, Körper und Beleuchtung haben Zingraff schon früh künstlerisch beschäftigt. Mit starker Trompe l'Oeuil-Wirkung malte er als Kunststudent sein erstes Wandbild in Karlsruhe. Mit eben dieser, von ihm stetig und schlüssig weiterentwickelten Thematik, befasst er sich seit den 70er Jahren - und bis heute - in seinem Denianer Atelier am Montgó.
Gab es in Zingraffs Bildern und Collagen in den 70er und Anfang der 80er Jahre noch teilweise gegenständliche Anleihen, hat er sich heute ganz der Abstraktion zugewandt. Selbst eingeklebte Fotoausschnitte sind ungegenständliche Gestaltungselemente, die starke Kontraste zu den nuanciert schattierten Farbflächen bilden. Als Betrachter spürt man unwillkürlich das Bedürfnis, diese Flächen zu berühren, um sich ihrer Wirklichkeit zu vergewissern. Dort, wo das Auge dem Schein zu erliegen droht, mag sich der Tastsinn Klarheit über die Existenz des Wahrgenommenen verschaffen - und sucht oft vergeblich, was das Auge sieht.

Anders in den jüngsten Arbeiten. In beharrlicher Ausformung seines persönlichen Stils hat Zingraff in den letzten Jahren einen entscheidenden Schritt gewagt - und mit Bravour bestanden. Als logische Folge intensiv künstlerischen Suchens ging er zunächst aus der Fläche und schließlich auch aus dem Bildformat. Tiefe, Volumen und Beleuchtung sind keine gemalten Illusionen mehr, sondern greifbare Realität. Bildteile verselbständigen sich, Wand und Raum sind in die Werke einbezogen, auf der Rückseite angebrachte Lampen sorgen für Licht und Schatten. Und doch: Obwohl viele Elemente nun real sind, hält das sinnlich ironische Spiel von Wirklichkeit und Täuschung, Ferne und Nähe, Tatsache und Einbildung an. Wieder ergeben sich ästhetische Neukombinationen, die trotz ihres hohen Anteils an konkreten Bestandteilen, neue Möglichkeiten vorführen, Raum gleichzeitig zu schaffen und ästhetisch aufzuheben. Sanfte Irritation, schöne Uneindeutigkeit und intelligentes Suchen bieten spannend hintergründige Seherfahrungen.
Claudia Peter Historiadora de Arte y Periodista, Catálogo del Centre Cultural D´Alcoi.